Dienstag, 15. November 2011

Philosophie zum Dienstag

Die wunderbaren Fotos von Eukalypten in diesem Post hat Sibylle gemacht. Dank ihr habe ich gemerkt, dass ich unsere Kamera noch nicht annähernd voll ausnütze und dass ich viel zu wenig ausprobieren, wohl aus Angst, dass doch nichts draus wird. Und das passt irgendwie zu diesem Post. Merci Sibylle.

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Ich bin berühmt (oder vielleicht eher berüchtigt) dafür, nicht gerade ein Morgenmensch zu sein. Normalerweise füge ich an dieser Stelle immer hinzu, dass ich aber auch kein Morgenmuffel bin, dem man in der Früh besser aus dem Weg geht, sondern dass ich den Tag einfach gerne gemütlich angehen lasse. Und in diesem Zusammenhang war ich immer überzeugt davon, dass ich morgens gleich nach dem Aufstehen unmöglich Sport treiben kann. Das schweisstreibendste, zu dem ich mich mit viel innerer Überredungskunst bringen kann, ist ein Footing. Footing haben wir in der JO Burgdorf (Jugendorganisation im Schweizerischen Alpenclub) ein leichtes, kurzes Joggen genannt, bei dem man nicht aus der Puste kommen und auch nicht schwitzen sollte, das dafür aber morgens den Kreislauf optimal ankurbelt. Man merke: überhaupt nicht schweisstreibend.

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Im Nachhinein und nachdem ich auf der ganzen Welt noch keinen einzigen Menschen gefunden habe, der nicht in der JO Burgdorf war und trotzdem den Ausdruck Footing kennt, frage ich mich, ob wir Footing damals nicht selber erfunden haben. Etwa so, wie wir auch neue Tiere entdeckten, von denen vorher noch nie jemand etwas gehört hatte (Frettchen), wie wir Mitalpinisten schöne, neue Vornamen verpassten, die heute noch unter Eingeweihten für gewisse Menschentypen stehen (Jodok) usw.  Aber das tut nun eigentlich nichts zur Sache.

Item, ich war der festen Überzeugung, dass ich morgens nicht joggen kann. Punkt. Basta.

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So habe ich das nun ungefähr 15 Jahre gehalten. Es war in Stein gemeisselt, dass ich morgens nicht in die Gänge komme, noch nicht richtig wach bin und deshalb nichts ernsthaftes in Angriff nehme. Und da kam mir das Meditieren dazwischen, und zwar eher indirekt: Ich gehe einmal in der Woche abends zwischen 7:30 und 9 Uhr meditieren. Zum Glück ist ein grosser Teil der eineinhalb Stunden so etwas wie ein Lehrvortrag. Da kann ich nämlich meistens einigermassen wach bleiben. Bei den eigentlichen Meditationen nicht. So sehr nicht, dass ich beim letzten mal um ein Haar vom Stuhl gefallen wäre. Ab jetzt gibt es für mich wohl nur noch die Buddhastellung am Boden. Da hole ich mir wenigstens keine Hirnerschütterung. Wer hätte gedacht, dass sogar Meditieren gefährlich sein kann.

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Also musste ich mir schleunigst eine andere Zeit suchen: Morgens gleich nach dem Aufstehen meditiert es sich wunderbar. Ich bin wach, konzentriert, ruhig.

Und da kamen mir erste Zweifel an meinem bisherigen Morgenkonzept für mich selber. Ich machte einen Test. Stand auf, trank ein Glas Wasser, ging rennen. Nicht nur die kleine Footingrunde im Faulknerpark, nein, die grosse Runde um den botanischen Garten. Und siehe da, es funktionierte wunderbar. Heute hatte ich zwar nach Dreivierteln der Strecke einen Einbruch, aber ich mag ihn nicht auf den frühen Morgen zurückführen, sondern eher auf meine highheels-geplagten Beine.

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Nach diesem Erfolgserlebnis, das meine Tage gleich viel organisierter werden lässt und das hoffentlich dazu beiträgt, dass ich diesen Sommer überhaupt ein bisschen Sport treibe (joggen geht, wenn überhaupt, nur früh morgens, sonst ist es zu heiss), frage ich mich, wo ich sonst noch überall solch festsitzende Paradigmen habe. Nicht umsonst lautet eine Umschreibung für Paradigma Vorurteil.

Ich glaube, es tut ganz gut, den Blick ab und zu etwas zu öffnen, etwas zu machen, was man sonst nie tut, etwas zu hinterfragen, was man schon seit Jahren oder Jahrzehnten immer so macht. Und plötzlich ergeben sich ganz neue Blickwinkel und Perspektiven.

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Habt ihr bei euch auch schon solche festgefahrenen Meinungen gefunden, bei denen es ganz gut getan hat, sie über den Haufen zu werfen?

3 Kommentare:

  1. heute erlaube ich es mir im mac zu essen - fein fand ich es eigentlich schon immer.

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  2. stieg larssons bücher werden nach den ersten überstandenen hundert seiten würkli spannend

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