Dienstag, 8. November 2011

Schmink-Provinz

Die nächste Hochzeit steht vor der Türe. Am Freitag heiratet eine Kollegin von der Deutschen Schule. Und somit kommt ein Thema wieder auf die Agenda: Make Up.

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Melbourne, oder besser gesagt die Melbournerinnen, haben mich am Anfang unseres Aufenthalts hier ein wenig schockiert: Sie laufen auf atemberaubend hohen Stöckelschuhen durch die Welt, sind immer und überall piekfein angezogen, haben morgens mindestens eine Stunde vor dem Schminkspiegel verbracht und wahrscheinlich auch jeden Tag jemanden im Haus, der ihnen die Haare macht. Ok, immer und überall piekfein angezogen stimmt nicht ganz, siehe mein Post zu Leggins. Aber das mit dem Make Up hat angefangen, mir ernsthaft Sorgen zu machen.

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Ich muss zugeben, ich bin da sehr unbedarft. Ich habe zum Beispiel erst mit knapp dreissig meinen ersten Eyeliner gekauft UND angewendet. An dem grossgeschriebenen UND kann man sehen, dass ich durchaus schon vorher welchen gekauft habe, nach einigen privaten Desastern vor dem Spiegel aber immer wieder davon abgekommen bin, sie auch wirklich zu benutzen. Und mir dann eingeredet habe, dass Frauen sowieso erst ab dreissig Eyeliner tragen sollten.
Genau so fand ich auch, dass mehr als Lip Gloss mich alt aussehen lässt und dass Foundation erst ab vierzig Sinn macht. Oha. Es war also nicht zu vermeiden, dass ich, aus der selbstverschuldeten schminktechnischen Provinz kommend, deshalb hier ein bisschen einen Make Up-Kulturschock hatte und mir ab und zu sehr nackt im Gesicht vorkam (und immer noch vorkomme).

Dem musste abgeholfen werden, und es passierte eher zufällig als geplant, wie so vieles in meinem Leben.

Ich fand im Zug, neben anderen Büchern, zwei Ausgaben von Amazing Face von Zoë Foster. Und das soll nun keine Werbung sein, weil ich mir nicht anmassen will, zu sagen, ob das ein gutes Schminkbuch ist oder nicht. Ich habe nämlich nie ein anderes gelesen und kann deshalb nicht vergleichen. Also, die Zoë hat früher bei Cosmopolitan gearbeitet und da dachte ich mir, das kann ja nicht schaden, da einen Blick hineinzuwerfen.

Übrigens: Warum diese Ausgaben (zudem bevor das Buch offiziell in die Läden kam!) verlassen im Zug lagen, ist mir ein Rätsel. Ich habe mir also ein Buch geschnappt und, Schock und Schande, gemerkt, dass ich nicht einen Viertel, ja wohl auch keinen Zehntel der Produkte besitze, die eine Frau von Welt so mindestens haben sollte. Bevor ich mich blindwütend in einen teuren Innenstadtladen gestürzt habe, um diesem Defizit nullkommaplötzlich abzuhelfen, habe ich mich an einem Detail im Buch sehr gewärmt und gefreut: Während ich von Puder und Crèmerouge offenbar keine Ahnung habe, besitze ich doch seit mindestens 12 Jahren (!!!) ein Waterline Pencil. Nicht erschrecken, ich wusste selber nicht, dass es so heisst. Aber es ist so etwas wie ein crèmefarbener Eyeliner, der aber für die (eben nicht genug) helle, hautfarbene Innenkante des unteren Augenrandes gedacht ist (phu, ich beherrsche sehr offensichtlich schon das nötige Vokabular nicht, wie sollte ich mich also gut schminken können!). Da aufgetragen hellt das Waterline Pencil die Augen auf, macht sie frischer, grösser und wacher. Laut dem Buch ist das ein absoluter Insidertipp. Ich stieg mit stolzgeschwellter Brust aus dem Zug.

Dieses Detail hat also dazu geführt, dass ich mich nicht ganz so dilettantisch gefühlt habe und dies wiederum hat verhindert, dass ich in meiner Verzweiflung einen halben Make Up-Stand leergekauft habe. Aber ein paar Investitionen, das war mir nach der Lektüre und meinen persönlichen Erfahrungen auf der Strasse klar, mussten getätigt werden. Und so bin ich heute stolze Besitzerin und zumindest sporadische Anwenderin von getönter Tagescrème mit Schutzfaktor 30 (wir sind ja in Australien) und von einem Lippenkonturenstift und Lippenstiftpaar. Einer sehr natürlich und auch als Rouge verwendbar, der andere ein kleines bisschen dunkler und dramatischer. Zusammen mit den bereits vorhandenen Waterline Pencil, Eyeliner und Mascara ergibt das ein recht anständig geschminktes Gesicht, mit dem ich mich sogar an Hochzeitsfeiern traue.

Aber ich habe durchaus noch einige Schritte ausgelassen, die ich dann ab vierzig wieder in Betracht ziehen werde: So habe ich mich zum Beispiel mit Lidschatten noch überhaupt nicht anfreunden können und auch an eine richtige Foundation traue ich mich (noch) nicht heran. I stay true to my roots, at least a bit. Es lebe die Make Up-Provinz.

3 Kommentare:

  1. Ou Helen, Du machsch mir nid grad Muet. I bi immerhin scho über sächzgi u ha geng no ke Ahnig vo schminke. I eigne mi offesichtlech eidütig besser für d Provinz. Aber merci für e Kurs!
    Chani äch o ohni Liedschatte z Ouschtralie ireise oder lö die mi gar nid ine?

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  2. Du muesch eifach aus Bestächig chli schwyzer Schoggi mitnäh, de löh si di scho ine. Aber de nid grad aue verschänke... ; )

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  3. Übrigens: Waterline-Pencil in Action:
    http://www.derbund.ch/leben/wohnen/Durch-Schminkzwang-zu-mehr-Kompetenz/story/11564125

    Vielen Dank, Steffanie!

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